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"Markt-Performance 2025 – das perfekte Argument für die Aktien-Diversifikation"

Die Überlegenheit von US-Aktien gegenüber „Old Europe“ war bis Anfang 2025 für viele Anlegende eine in Stein gemeißelte Weisheit. Das gilt nicht mehr. Die ersten sechs Monate dieses Jahres haben diesen Glaubenssatz auf den Kopf gestellt. 2025 ist ein perfektes Beispiel, warum Diversifikation auch bei Aktien so wichtig ist, meint Ali Masarwah, Fondsanalyst und Geschäftsführer des Finanzdienstleisters Envestor.


30. Juni 2025. FRANKFURT (envestor): Der S&P 500 toppt alles, was Aktien aus dem kümmerlichen Rest der Welt zu bieten haben. Das war die konventionelle Weisheit Anfang des Jahres. Der US-Standardwerte-Index beziehungsweise die auf ihn aufgesetzten ETFs waren allenfalls von ETFs auf den Nasdaq 100 Index schlagbar. Doch dann kamen der „Liberation Day“ und der „Big Beautiful Bill“, und seitdem sieht die Welt anders aus. Über die US-Suprematie redet seitdem kaum noch jemand. 2025 erleben europäische Aktien ein fulminantes Comeback, genauer gesagt: eine ganz bestimmte Gruppe an Ländern.

Comeback der „PIGS“ – „Pleitegriechen“ vor dem Nasdaq 100

Was haben folgende Aktienmärkte gemeinsam? MSCI Greece, der portugiesische PSI 20, der Mailänder Aktienindex MIB und der MSCI Spain? Korrekt: Das sind einmal die Märkte mit den besten Renditen im ersten Halbjahr 2025 auf der Aktienseite. Griechenland-Aktien liegen mit über 40 Prozent sensationell im Plus, spanische Titel sind um 24 Prozent gestiegen, der PSI legte um 21 Prozent zu und der MIB stieg um 19 Prozent.

Portugal, Italien, Griechenland und Spanien wurden – eine Ironie der Geschichte! – auf dem Höhepunkt der Eurokrise 2011 von einigen Marktteilnehmern in Deutschland und anderen „Euro-Nordländern“ mit dem unsäglichen Akronym „PIGS“ geschmäht. (Die BILD-Zeitung setzte mit „Pleitegriechen“ einen weiteren unschönen Höhepunkt.) Derweil hat der S&P 500 7 Prozent und der Nasdaq 100 5 Prozent in diesem Jahr aus Sicht von Euro-Anlegern eingebüßt. Nicht nur sind US-Aktien schlechter als europäische gelaufen. Vielmehr hat auch der Dollar gegenüber dem Euro empfindlich an Wert verloren. 

Die krasse Underperformance von US-Aktien hat sich übrigens auch in die mittelfristige Bilanz gefressen: Der DAX liegt nunmehr in der Dreijahresbilanz aus Euro-Sicht vor dem Nasdaq 100 – und erst recht vor dem S&P 500. Im Geleitzug zum Dollar wurden amerikanische Staatsanleihen von nervösen Anlegern massiv verkauft. Deutlich besser haben sich Schwellenländer-Anleihen in lokalen Währungen geschlagen, die rund zehn Prozent im Plus liegen – eine weitere Ironie. Zur Erinnerung: Schwellenländer-Märkten wurden wegen der hohen Renditen in den USA für 2025 eher schlechte Prognosen ausgestellt.

Diversifikation – nicht nur etwas für „Weicheier“

Diese Auswahl an Highlights zur ersten Jahreshälfte zeigt, dass zwar manche Investoren Diversifikation als Loser-Strategie für Weicheier bezeichnen mögen und auf konzentrierte Portfolios setzen. In der Praxis stellt die Diversifikation allerdings sicher, dass Portfolios auch mit Rendite rechnen können, wenn die Sunny Boys der Märkte versagen. Vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle die Vorzüge der Diversifikation auf Ebene der großen Vermögensklassen (Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Cash, Kryptos und so weiter) hervorgehoben.

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Doch das Prinzip der Diversifikation sollte nicht nur auf Ebene der großen Anlageklassen beherzigt werden, sondern auch mit Blick auf die Aktien im Portfolio. Zwar ist die Korrelation der einzelnen Märkte hoch, doch auch wenn Europa-Aktien und US-Aktien sich tendenziell im Gleichklang bewegen, so sagt das nichts aus über die Amplituden, also die Höhe der Ausschläge. (Der US-Aktienmarkt ist aus US-Dollarsicht 2025 bisher leicht im Plus.)

Bereits seit Jahren haben auch wir vor der zu hohen US-Lastigkeit des allseits beliebten ETF-Index MSCI World gewarnt (wiederum auch in dieser Kolumne) und bereits 2023 in unseren Beratungsmandaten Europa-Aktien und US-Titel weitgehend gleichgewichtet. 

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Die Warnungen kamen nicht, weil wir wussten, dass sich eine US-Administration anschicken würde, den Dollar und die ehemals als unsinkbar geltenden US-Staatsanleihen eigenhändig zu schreddern, sondern genau, weil wir wussten, dass wir nicht wissen, wann (und welche) Trends an den Märkten kippen und welche Weisheit dann die diskursdominierende sein wird.

Von Ali Masarwah, 30. Juni 2025, © envestor.de

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor.de, eine der wenigen Fondsplattform, die Cashbacks auf Fonds-Vertriebsgebühren zahlt. Masarwah analysiert seit über 20 Jahren Märkte, Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar. Seine Expertise wird auch von zahlreichen Finanzmedien im deutschsprachigen Raum geschätzt.

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